Viele Menschen möchten gerne ihr eigener Chef sein und wünschen sich eine selbstständige Tätigkeit. Sie verspricht Freiheit, ist jedoch auch mit einem hohen Aufwand, zumindest in der Gründungsphase, verbunden. Eine Tätigkeit als Freiberufler ist in vielen Berufen möglich. Freiberufler stellen eine Untergruppe bei den Selbstständigen dar und unterscheiden sich durch besondere gesetzliche Regelungen von Gewerbetreibenden. So wie alle Selbstständigen müssen sie sich selbst um Kunden und Aufträge kümmern.
Rechtliche Grundlagen für Freiberufler in Österreich
Die rechtliche Basis für Freiberufler findet sich im § 22 Einkommensteuergesetz (EStG). Dort sind freie Berufe ausdrücklich als eigene Einkunftsart definiert. Darunter fallen insbesondere Tätigkeiten aus dem medizinischen Bereich und auch Tätigkeiten im Rechtswesen gehören dazu. Darüber hinaus zählen technische Berufe sowie künstlerische und publizistische Tätigkeiten zu den freien Berufen.
Eine klare Abgrenzung ist wichtig: Neue Selbstständige – darunter fallen etwa Vortragende, Trainer oder Fitnesstrainer – üben zwar auch eine selbstständige Tätigkeit aus, gelten aber nicht als Freiberufler im steuerlichen Sinn. Sie sind dennoch einkommensteuerpflichtig und bei der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) versichert, werden aber rechtlich in einer eigenen Kategorie geführt.
Ebenso gibt es die Gruppe der freien Gewerbe, die weder reglementiert noch an einen Befähigungsnachweis gebunden sind. Dazu gehören zum Beispiel Tätigkeiten wie Fotografie oder Webdesign. Während Freiberufler in § 22 EStG geregelt sind, finden sich die freien Gewerbe in der Gewerbeordnung. Damit wird deutlich, dass es innerhalb der Selbstständigkeit mehrere unterschiedliche Rechtsgrundlagen gibt.
Steuerliche Besonderheiten bei Freiberuflern
Freiberufler benötigen keine Gewerbeberechtigung und zahlen in Österreich keine Gewerbesteuer, da diese hier nicht existiert. Sie sind jedoch einkommensteuerpflichtig. Die Einkünfte aus freien Berufen sind in § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt.
Die Tätigkeit muss beim zuständigen Finanzamt angemeldet werden. Dort wird geprüft, ob tatsächlich ein freier Beruf ausgeübt wird. In vielen Fällen genügt dann allerdings eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung als Gewinnermittlung.
Freiberufler können umsatzsteuerpflichtig sein, wobei sie in diesem Fall Vorsteuerbeträge geltend machen können. Die Höhe der Vorauszahlungen richtet sich nach den erwarteten Einkünften und wird vom Finanzamt festgelegt.
Sozialversicherung von Freiberuflern
Freiberufler sind in Österreich bei der Sozialversicherung für Selbstständige (SVS) pflichtversichert. Rechtsgrundlage ist das sogenannte Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG). Dieses Gesetz regelt Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung für Personen, die einen freien Beruf ausüben.
Die Beiträge zur SVS richten sich nach den Einkünften. Da diese erst am Ende des Steuerjahres feststehen, werden zunächst vorläufige Beitragsgrundlagen herangezogen. Wer am Jahresende dann allerdings höhere Einkünfte nachweist, muss entsprechend nachzahlen. Liegen die tatsächlichen Einkünfte niedriger, erfolgt dagegen eine Rückerstattung.
Die SVS deckt zwar viele Leistungen ab, unterscheidet sich jedoch deutlich von der Absicherung im Angestelltenverhältnis. So besteht zum Beispiel kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn Aufträge ausbleiben. Auch Karenzregelungen oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es nicht. Allerdings können Freiberufler Zusatzversicherungen abschließen, um sich abzusichern.
Ein wichtiger Punkt ist die Mindestbeitragsgrundlage: Selbst wenn ein Freiberufler geringe oder keine Einkünfte erzielt, müssen Beiträge in einer bestimmten Höhe geleistet werden. Damit soll die Grundversorgung durch Kranken- und Pensionsversicherung sichergestellt werden.
Welche freiberuflichen Tätigkeiten gibt es?
Die freiberuflichen Tätigkeiten in Österreich sind ziemlich vielfältig. Typische Beispiele sind in § 22 EStG aufgelistet. Dazu zählen insbesondere:
- Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte
- Psychologen, Psychotherapeuten, Hebammen, andere Gesundheitsberufe
- Rechtsanwälte, Notare
- Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
- Ziviltechniker, Architekten
- Künstler, Musiker, Schauspieler, Journalisten, Schriftsteller
- Dolmetscher, Übersetzer, Texter
Organisation und Berufsvertretungen
Viele freie Berufe sind in Österreich durch Kammern oder gesetzliche Berufsvertretungen organisiert. Für Angehörige dieser Berufe besteht eine Pflichtmitgliedschaft, sobald sie ihre Tätigkeit aufnehmen. Diese Organisationen übernehmen dann wichtige Aufgaben wie zum Beispiel die Vertretung der Interessen, die Aufsicht über die Berufsausübung und die Festlegung von Standesregeln.
Beispiele für Kammern sind:
- Ärztekammer für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten
- Rechtsanwaltskammer für Rechtsanwälte
- Notariatskammer für Notare
- Kammer der Ziviltechniker für Architekten und Ingenieure
Daneben existieren auch gesetzlich verankerte Berufsverbände und Psychotherapeuten- oder Psychologenvereinigungen, die ähnliche Aufgaben wahrnehmen.
Die Mitgliedschaft bringt einige Vorteile mit sich, wie etwa den Zugang zu Fortbildungen, eine Beratung bei rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen oder auch die Unterstützung bei Honorarstreitigkeiten. Gleichzeitig verpflichten sich österreichische Freiberufler, die jeweiligen Standesregeln einzuhalten. Dazu gehören dann etwa Verschwiegenheitspflichten, die Einhaltung von Berufsethik und auch klare Qualitätsstandards.
Welche Vor- und Nachteile bringt das Dasein als Freiberufler mit sich?
Freiberufler können sich ihre Zeit frei einteilen, wie auch schon der Name vermuten lässt. Sie sind quasi ihr eigener Chef. Gründer haben außerdem Zugang zu Förderungen und Begünstigungen, beispielsweise über den Gründerservice oder die SVS. Außerdem können Ausgaben wie Arbeitsmittel oder Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden.
Allerdings gibt es auch einige Nachteile:
- Eigenverantwortung für Akquise und Aufträge
- keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub
- kein Anspruch auf kollektivvertragliche Leistungen wie Sonderzahlungen
- schwankende Auftragslage und Einnahmen
Müssen Freiberufler einen Arbeitsvertrag abschließen?
Freiberufler sind nicht im Angestelltenverhältnis und benötigen daher keinen Arbeitsvertrag. Dennoch schließen viele Freiberufler (beispielsweise Musiker oder Schauspieler) oft projektbezogene Verträge mit Auftraggebern ab. Diese unterscheiden sich von klassischen Arbeitsverträgen, da sie keine weisungsgebundene Tätigkeit regeln.
Quellen:
- https://www.finanz.at/business/freiberufliche-taetigkeit/
- https://www.freefinance.at/selbststaendig-machen/freiberuflich.html
- https://sevdesk.at/blog/steuerliche-unterschiede-freiberufler-und-selbststaendige/
- https://www.steuerverein.at/16-einkuenfte-aus-selbstaendiger-arbeit-§-22-estg-1988-teil-1/
- https://ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10004570&FassungVom=2024-11-22&Artikel=&Paragraf=22&Anlage=&Uebergangsrecht=
- https://360.lexisnexis.at/searchlink/_22_estg
